Alpha-Liponsäure – Mutter aller Antioxidantien | Dr. Reinhard Pichler (2024)

Antioxidantien sind immer wieder in aller Munde und wer sich mit gesundem Lebensstil und optimaler Ernährung bei Sport beschäftigt hat, weiß, wie wichtig Antioxidantien wirklich sind. Viele Menschen greifen bei Nahrungsergänzungsmitteln zu Antioxidantien, um Stress und Überbeanspruchung im täglichen Leben vorzubeugen, doch es gibt eine Substanz die ganz fundamental ist und die trotzdem kaum bekannt ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Alpha-Liponsäure?

Alpha-Liponsäure (Synonym: R-Liponsäure), welche eine der stärksten antioxidativen Substanzen ist, die in unserem Körper vorkommen ist durch ihre Vielzahl an Aufgaben und Funktionen kaum schlagbar. Neben ihrer Aufgabe als Antioxidans ist sie außerdem für unseren Energiestoffwechsel von zentraler Bedeutung, denn als Coenzym ist sie unerlässlich für unsere zelluläre Energiegewinnung. Genauer gesagt ist sie entscheidend, dass der Metabolit Pyruvat, das Endprodukt der „schnellen“ Zuckerspaltung korrekt weiterverarbeitet wird, und zwar im Zitronensäurezyklus, der „langsamen“ aber erheblich effizienteren Form der Energiegewinnung.

In der Leber finden wir die Alpha-Liponsäure am häufigsten, wo sie nicht nur zur Energiegewinnung dringend notwendig ist, sondern auch bei der Herstellung anderer, entgiftender Substanzen beteiligt ist. So ist zur Herstellung von unserem körpereigenen L-Glutathion die Alpha-Liponsäure nicht wegzudenken, welches benötigt wird, um potenziell giftige Stoffe wasserlöslich zu machen und durch den Urin auszuscheiden. Außerdem vermag die Substanz schädliche Metalle zu binden und dadurch deren Entgiftung durch die Leber zu ermöglichen.

Doch vor allem als Antioxidans ist die Alpha-Liponsäure unglaublich potent. So ist sie nicht nur 100x stärker als Vitamin C, sondern vermag außerdem Vitamin C, Vitamin E, L-Glutathion und Coenzym Q10 zu regenerieren, wenn diese Substanzen im Vorfeld durch freie Radikale oxidiert wurden. Man sieht also recht bald, dass Alpha-Liponsäure nicht nur an der Bereitstellung von anderen Antioxidantien und Energie beteiligt ist, sondern uns auch ermöglicht, unsere Speicher davon aufrecht zu erhalten, sodass uns nicht gleich jeder Stoß aus der Bahn wirft, sei es Stress, Krankheit oder einfach übermäßige Beanspruchung.

Alpha-Liponsäure Mangel

Aufgrund ihrer Struktur kann Alpha-Liponsäure auch leicht die Blut-Hirnschranke durchqueren und dort freie Radikale binden und somit das Gehirn vor potenziellen Schäden bewahren.

Einen echten Mangel gibt es bei dieser Substanz aus rein wissenschaftlicher Hinsicht nicht, da der Körper sie selbst gut und in großem Umfang herstellen kann. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass durch starke, dauerhafte Belastungen (Chronische Entzündungen, Diabetes, Alkoholmissbrauch, Tabakmissbrauch, Lebererkrankungen, Darmprobleme wie Dysbiosen, etc.) die Eigenproduktion nicht ausreicht. Symptome eines Mangels können Müdigkeit und Leistungsabfall, vor allem bei Ausdauersport, Leberproblematiken, Infektanfälligkeit und Entzündungsneigung sein. Ein Mangel kann auch einen Anstieg von Milchsäure im Gewebe zur Folge haben, da die Zellatmung nicht korrekt funktioniert, dies merkt man anhand einer erheblichen Neigung zu Muskelkater, selbst bei geringer Tätigkeit.

Außerdem wird gerade beforscht, ob die Rolle von L-Glutathion – und somit auch jene der Alpha-Liponsäure – bei Parkinson eine Verbesserung der gängigen Therapien bewirken könnte.

Alpha-Liponsäure und Depression

Leber und Gehirn sind sich näher, als die meisten Menschen glauben möchten. Ist einem die sprichwörtliche Laus über die Leber gelaufen, weiß jeder was damit gemeint ist. Tatsächlich verbirgt sich dahinter eine wissenschaftlich recht triviale Erkenntnis für jeden, der den Körper als großes Ganzes sieht. Was genau heißt das aber?

Die Leber ist unser zentrales Entgiftungsorgan, als solches produziert sie allerdings auch die meisten unserer Antioxidantien. Ist die Leber also damit beschäftigt permanent zu entgiften, so bleiben Antioxidantien auf der Strecke, die letztlich allen Geweben im Körper, letztendlich auch dem Gehirn, zu Gute kommen. Viele Problematiken erlauben der Leber nicht all ihre Funktionen auszuführen, toxische Stoffwechselprodukte bleiben im Körper und unsere biochemische Abwehr sinkt.

Einige Studien haben gezeigt, dass antioxidantienreiche Ernährung bei Bipolarer Störung und Depression die Symptome merklich abschwächt, bzw. verbessert und auch Leberwerte verbessert. Viele Studien sprechen hier vor allem über die positive Rolle von N-Acetylcystein, welches allerdings eine kurzlebige Vorstufe zu L-Glutathion ist. Dieses wiederum benötigt zusätzlich Alpha-Liponsäure, um aktiv werden zu können. So erlaubt die Alpha-Liponsäure den letzten Schritt in dieser Kaskade und ist selbst, als eines der stärksten Antioxidantien, zusätzlich aktiv, um Leber und Gehirn zu entlasten.

Letztendlich ist eine gesunde Leber essentiell für ein gesundes Gehirn und Alpha-Liponsäure kann die Leber nicht nur schützen, sondern kann auch helfen, Schäden an ihr rückgängig zu machen.

Alpha-Liponsäure bei Entzündung und Diabetes

Alpha-Liponsäure wird bereits seit 1966 eingesetzt um bei Diabetes nicht nur die Insulinresistenz zu senken, sondern auch um Nervenschäden und –schmerzen, sogenannte Polyneuropathien, zu lindern. Diabetes erhöht außerdem den oxidativen Stress in unserem Körper, es liegt also auf der Hand, dass starke Antioxidantien potenziell nicht nur wichtig, sondern notwendig für Diabetiker sind, da die Krankheit einen Mehrbedarf stellt.

Auch Studien in jüngerer Zeit haben gezeigt, dass Polyneuropathien bei Diabetikern (Typ 2) durch 600mg/d Alpha-Liponsäure für drei Monate maßgeblich reduziert werden können. Gleichzeitig wurde sogar gezeigt, dass bei Bandscheibenvorfällen und chronischen Rückenschmerzen, bei gleicher Gabe für sechs Monate, die Schmerzen ebenfalls signifikant reduziert wurden. Der Mechanismus der Schmerzreduktion ist nicht wirklich verstanden, wurde aber auf die Substanz zurückgeführt und stellt v.a. bei chronischen Schmerzen einen massiven Gewinn an Lebensqualität dar.

Weiter Studien zeigten eine Reduktion der HbA1C-Spiegel (Maß für Langzeit-Blutzucker) bei Typ 2 Diabetikern durch die Einnahme von Alpha-Liponsäure, allerdings nur solange die Substanz als Nahrungsergänzung supplementiert wurde. Bei Abbruch der Einnahme stieg der Wert über vier Wochen auf den ursprünglichen Spiegel an. Dennoch ist die Senkung des HbA1C-Werts das Hauptziel einer modernen Diabetes-Therapie und die Studie zeigte eindeutig eine stärkere Senkung bei höherer Dosis von Alpha-Liponsäure. Gleichzeitig wurde auch der kurzzeitige Blutzuckerspiegel gesenkt.

Als Nebeneffekt bei Diabetikerstudien wurde außerdem festgestellt, dass vor allem übergewichtige Patienten, durch hohe Gaben von Alpha-Liponsäure (ab 800mg/d), leichter und auch schneller Gewicht abbauen konnten, womit auch Körperumfang und BMI verbessert wurden. Alpha-Liponsäure ist also für Diabetiker zu jeder Therapie als Ergänzung sinnvoll, sollte allerdings auch vorher ärztlich abgeklärt werden, da es bei zu hohen Dosen evtl. zur Unterzuckerung kommen kann.

Bei Entzündung, egal ob akut oder chronisch, entstehen zusätzliche Radikale, wodurch auch unser Bedarf für Antioxidantien steigt. Alpha-Liponsäure ist aufgrund ihrer Potenz in diesem Kontext, sowie ihrer Fähigkeit andere Antioxidantien zu regenerieren, exzellent geeignet.

So wurde in einer Studie gezeigt, dass eine Mischung aus Alpha-Liponsäure und Vitamin E bei nicht-alkoholischer Fettleber eine signifikante Senkung der Entzündungsmarker zur Folge hatte.

Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2006 zeigte bereits eine umfangreiche Datenlage, wenn es um den positiven Einfluss von Alpha-Liponsäure auf eine Vielzahl chronisch-entzündlicher Erkrankungen geht. Der Konsensus der Analyse war, dass in den meisten Fällen Alpha-Liponsäure als zusätzliche Hilfestellung meist sinnvoll sei.

Auch bei Darmerkrankungen wie Leaky-Gut, entzündliche Darmerkrankungen, Dysbiosen und Reizdarm sind Antioxidantien von größter Wichtigkeiten, weshalb hier Alpha-Liponsäure eine gute Möglichkeit ist, den Darm zu unterstützen. Antioxidantien helfen bei Regeneration der Schleimhaut und reduzieren die zusätzlich anfallenden freien Radikale bei Entzündungen, der Darm als Organ mit der größten Oberfläche, profitiert natürlich sehr stark von einer Gabe.

Alpha-Liponsäure bei Alzheimer und Nerven-Degeneration

Alpha-Liponsäure wurde erfolgreich eingesetzt, um altersbedingte Abfälle der kognitiven Leistung zu mindern oder zu verhindern. Der Mechanismus ist wie bei der Schmerzlinderung bei diabetischen Polyneuropathien nicht gänzlich verstanden, wurde jedoch in Studien sehr gut und reproduzierbar gezeigt.

In einer Langzeitstudie wurden drei Gruppen von Alzheimerpatienten verglichen: Eine Kontrollgruppe, eine Gruppe, welche mit Cholinesterase-Inhibitoren behandelt wurde und die letzte Gruppe, welche mit Alpha-Liponsäure behandelt wurde. Tatsächlich wurden im Rahmen von 48 Monaten das geringste Fortschreiten der Demenz und anderer Symptome in jener Testgruppe gemessen, welche mit Alpha-Liponsäure behandelt wurde. Weitere Studien sind zur Zeit im Gange, um diese Funde zu untermauern.

Eine Meta-Analyse zeigte weiterhin, dass 150mg/d Alpha-Liponsäure einen massiv positiven Effekt auf das Voranschreiten von Glaukom (Grüner Star) hat.

Alpha-Liponsäure und der Kreislauf

Bei übergewichtigen Menschen wurde Alpha-Liponsäure erfolgreich eingesetzt, um den Blutdruck zu senken, was allerdings nicht bei fitten oder durchschnittlich gut trainierten Menschen beobachtet wurde.

Im Rahmen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit wurde Alpha-Liponsäure erfolgreich eingesetzt, um Frequenz und Intensität von Wadenschmerzen zu reduzieren.

Gute Nahrungsmittel, Risikogruppen & Einnahme

Alpha-Liponsäure findet man hauptsächlich in Niere, Herz und Leber, sowie rotem Fleisch. Nennenswerte vegetarische Quellen sind vor allem Spinat, welcher die höchste Konzentration aller Lebensmittel besitzt, und Brokkoli. Da die Alpha-Liponsäure jedoch sehr empfindlich auf Calcium und Milchprodukte wie auch Fette reagiert, eignen sich jedoch nicht alle Zubereitungsarten zur optimalen Aufnahme (z.B. Spinat als Creme-Spinat).

Risikogruppen für einen Mangel sind hauptsächlich Menschen mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen aller Arten, also alle rheumatischen Erkrankungen, aber auch Morbus Crohn, Diabetes Typ 1 und 2, Hepatitis, etc. Hinzu kommen alle Menschen, die übermäßigen Gebrauch von Alkohol oder Tabak machen.

Ansonsten betroffen sind v.a. Veganer, welche auf Spinat verzichten, bzw. sich sehr einseitig ernähren. Da Spinat und Innereien bei einigen Anamnesen vermieden werden sollten (Gicht, Gallen-, Nieren- und Harnsteinrisiko, egal ob familiär oder bereits erkrankt), ist es als Betroffener zu überlegen, Alpha-Liponsäure in geringer Menge grundsätzlich zu supplementieren.

Die Einnahme der Substanz sollte mindestens 60 Minuten vor einer Mahlzeit und mit reichlich Wasser erfolgen.

Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Schwangerschaft

Durch die potenziell weitreichende und vielfältige Aktivität von Alpha-Liponsäure kann es v.a. bei hohen Dosen und speziell bei anfänglicher Einnahme zu unterschiedlichen Nebenwirkungen kommen, wie z.B. Schwindel, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit und/oder Erbrechen und Juckreiz. Dies ist jedoch enorm selten und meist auf einen Detox-Prozess im Körper zurückzuführen, v.a. bei Patienten, die massive, unterschiedliche Probleme haben oder eine längere Geschichte an Drogen- oder Genussmittelmissbrauch, sowie komplexer, langfristiger Dysbiosen. Treten solche Nebenwirkungen auf empfiehlt sich je nach Vorgeschichte entweder eine geringere Dosis zu Therapiebeginn, bzw. eine vorangehende Ernährungs- und Lebensumstellung. Dies könnte z.B. eine Leberkur mit einschließen, d.h. Verzicht auf Alkohol, große Kohlenhydratmengen, Reduktion von Fett, keine abendliche Rohkost (nach 17:00 Uhr), für mindestens 4 Wochen. In diesem Zeitraum kann die Dosis langsam und stetig erhöht werden.

Beim gleichzeitigen Einsatz mit unterschiedlichsten Diabetes-Medikamenten ist Vorsicht geboten, da Alpha-Liponsäure die Blutzuckersenkung dieser Medikamente unterstützen kann, wodurch es potenziell zur Hypoglykämie (Unterzuckerung) kommen kann. Es empfiehlt sich, gerade zu Therapiebeginn eine sehr genaue und häufige Blutzuckermessung durchzuführen.

Bei übergewichtigen Menschen, die keinen Sport betreiben, ist Vorsicht geboten, da hier ein Anstieg der LDL-Werte bei Alpha-Liponsäure Gabe beobachtet wurde. Dieser Effekt wurde bei 1g/d beobachtet.

In der Schwangerschaft ist davon abzuraten. Es gibt zwar keine offiziellen Studien dazu, doch nachdem Alpha-Liponsäure einige Detox-Prozesse im Körper unterstützt, könnte dies eine Erhöhung toxischer Metaboliten im Blut zur Folge haben, die nicht ohne Risiko für einen Embryo oder Fötus sein könnten. Aufgrund der Beschaffenheit von Alpha-Liponsäure ist auch in der Stillzeit darauf zu verzichten, da es naheliegend ist, dass diese den Weg in die Muttermilch findet und keine Studien zu Verträglichkeit der Substanz im Säugling vorliegen.

Sonstige Hinweise

Wie bei fast jedem in der Natur vorkommenden Molekül, gibt es auch bei der Alpha-Liponsäure eine R- und eine S-Form. Dies ist eine chemische Notation, um Moleküle zu unterscheiden, welche sich wie Bild und Spiegelbild oder linke und rechte Hand unterscheiden. Dieses Phänomen nennt man Chiralität. Dies ist deshalb wichtig, da die R-Liponsäure (nicht die S-Form davon) die einzige der beiden Formen ist, welche alle oben genannten Kriterien und Studienziele erfüllt. Viele Präparate enthalten sowohl R- als auch S-Liponsäure, da chirale Substanzen inherent schwieriger voneinander chemisch zu trennen sind und z.B. bei Naturextrakten, extrahiert man stets beide Formen. Hochpreisige Produkte sollten also ausschließlich die R-Form beinhalten, da z.B. die Aktivität im Gehirn bei der S-Liponsäure nicht gänzlich geklärt ist und diese bei Diabetes z.B. überhaupt keine Aktivität zeigt.

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Author: Nathanael Baumbach

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